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Karezza ist...
Was ist eigentlich... KAREZZA...?!
oder
Goldmarie und Pechmarie
Karezza ist auf jeden Fall nicht einfach konventioneller Sex ohne Orgasmus. Eine solche Praxis würde auf Dauer zu Problemen führen, wenn man sie überhaupt durchhalten könnte. Denn je näher man dem Orgasmus kommt, desto mehr Dopamin wird vorher schon ausgeschüttet und desto dringender wünscht man sich dann hinterher einen Orgasmus. Im Englischen heißt dieses Phänomen dann „blue balls“ - zu deutsch „blaue Eier“ - wobei die korrekte deutsche Übersetzung laut Wikipedia „Kavaliersschmerzen“ ist.
Auf Dauer könnte es sein, dass es dadurch beim Mann sogar zu sexuellen Funktionsstörungen, Prostata-Problemen oder ähnlichem kommt, denn diese Organe bleiben so quasi ständig unter Spannung. Selbst der gelegentliche Orgasmus würde diese Spannung wahrscheinlich nicht abbauen. Das Phänomen kennen Internet-Pornographie-Süchtige zur Genüge, die sich während ihrer „Sitzung“ immer wieder nahe an den Orgasmus heranbringen. Dadurch ergeben sich häufig Erektionsstörungen und andere sexuelle Funktionsstörungen.
Karezza ist nicht einfach wieder eine neue Sexpraktik, Karezza ist eine neue Lebenseinstellung. So ähnlich wie eine Ernährungsumstellung, wenn man den Jojo-Effekt von Diäten überwinden will. Nicht einfach eine weitere Diät, sondern eine grundlegende Veränderung muss her, um die mentalen Muster zu durchbrechen und den Stoffwechsel neu zu kalibrieren.
Die wichtigsten Komponenten, die Karezza erst zu Karezza machen, und von beiden Partnern unterstützt werden sollten:
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Dem Partner selbstlos geben wollen und zwar nicht nur im Bett, sondern immer!
Das bedeutet, die ganze Einstellung gegenüber dem Partner geht weg von „Was springt für mich dabei heraus?!“ hin zu „Was kann ich dir denn Gutes tun?!“
So wie die Goldmarie und die Pechmarie in dem Märchen. Die Goldmarie kümmert sich um alles hingebungsvoll und wird am Ende mit Gold überschüttet, die Pechmarie hat nur ihren eigenen Vorteil im Auge und bekommt als Quittung eine Pechladung, die an ihr kleben bleibt.
Es zählt nicht, was ich nehmen kann, sondern was ich geben kann. -
Sehr sanfter Sex ohne Orgasmus.
Bei Karezza kommen beide Partner gar nicht erst in die Nähe des Orgasmus. Es kommt dennoch zu einem Auflösen der Spannung in den Sexualorganen, jedoch ohne die Folgen der orgasmusbedingten Dopamin-Achterbahn und des zweiwöchigen Katers. Statt Achterbahn ist es eher ein friedvolles Segeln in ruhigen Gewässern, das sich dann auch im Alltag fortsetzt. Karezza kommt ohne jegliche kamasutrische Turnübung aus, es ist ein einfaches körperliches Verbundensein (der Penis in der Vagina) und ineinander liegen ohne viel Bewegung in einem meditativen von Liebe überströmenden Zustand. -
Die Ausrichtung beider Partner auf eine dauerhafte Beziehung.
Es ist der Seele nicht möglich, das tiefe Vertrauen herzustellen, das durch Karezza-Praxis entstehen kann, wenn man immer davon ausgehen muss, dass man den Partner bald wieder los sein könnte. Außerdem geschieht durch die Karezza-Einstellung eine sehr tiefe Form des sich-Einlassens. Es geschieht etwas, das sich mit „und sie werden sein ein Fleisch“ (1. Mose 2, 24) beschreiben lässt. Wer sich so miteinander verbunden hat, für den kommt eine Trennung einer Amputation gleich. Ist nur ein Partner an so einer tiefen Verbindung, an so einer körperlich-seelisch-geistigen Einheit interessiert, wird es für diesen dann sehr schmerzhaft sein, wenn die Beziehung auseinandergeht.
Andererseits: Geht eine solche Beziehung trotz aller Bemühungen beider Partner auseinander, unterstützen sich Partner, deren Ausrichtung eine dauerhafte Beziehung war, beim Ablösungsprozess gegenseitig viel besser, als Partner, die von vornherein nur eine sogenannte Lebensabschnittspartnerschaft anstrebten. -
Die Ausrichtung beider Partner auf eine monogame Beziehung.
Wenn man sich vorstellt, durch die Karezza-Einstellung tatsächlich „ein Fleisch“ zu werden, dann wird auch klar, warum sogenannte „offene“ Beziehungen nicht zu Karezza passen. Es ist nicht möglich, dieses tiefe Vertrauen herzustellen, wenn man immer davon ausgehen muss, dass der Partner sich auch noch mit einer anderen Person verbindet und einen dann vielleicht wegen dieser anderen Person sitzenlässt. So etwas kreiert Angst. Und Angst verhindert Vertrauen. Und: Wer will schon ein vielarmiges Monster mit mehreren Köpfen und Beinen sein?! -
Lieben WOLLEN.
Das bedeutet: eine Entscheidung für den Partner und diese Beziehung getroffen zu haben. Wer nur aus einer Stimmung oder Gefühlswallung heraus zusammen ist, den werden eine Stimmung oder eine Gefühlswallung dann auch wieder auseinander bringen, wohingegen eine feste Entscheidung auch dann noch trägt, wenn die Stimmung und die Gefühle mal nicht so dolle sind. Wer liebt, den treibt es leicht vom Partner fort, wenn Zeiten kommen, in denen die Liebe erkaltet ist. Wer lieben will, der übersteht auch solche schwierigen Zeiten. -
Jede Nacht im gleichen Bett schlafen.
Zu Karezza gehört auch, jede Nacht im gleichen Bett zu schlafen. Die Seelen verbinden sich im Schlaf anscheinend noch stärker miteinander und Oxytocin sorgt für körperliche und seelische Heilungsprozesse. Auch in den unangenehmen Phasen der Dopamin-Achterbahn ist eine Grundregel von Karezza, die Nächte miteinander zu verbringen. Selbst wenn man sich mal nicht riechen kann, oder einen etwas anderes stört. Und auch dann, wenn man sich grade nicht leiden kann. Am besten wäre natürlich, die Sonne gar nicht erst über einem Streit untergehen zu lassen, sondern Reibereien so schnell wie möglich zu bereinigen...
Es kann also so aussehen, als würde man Karezza machen, während man in Wirklichkeit immer noch in den konventionellen Mustern gefangen ist und weiterhin eigentlich den eigenen Vorteil bzw. die eigene sexuelle Befriedigung anstrebt.
Womit wir wieder beim Märchen von der Goldmarie und der Pechmarie wären: Die Goldmarie half überall voll Freude und Hingebung, ihr war der Lohn egal, bzw. die Tat war ihr schon der Lohn und die Freude. Die Pechmarie half einfach aus reiner Berechnung, ihr ging es die ganze Zeit nicht um die Tat, sondern nur um den Lohn, auf den sie spekulierte. Die Tat machte ihr keine Freude. Von außen betrachtet, taten sie die selben Dinge, dennoch war zwischen dem Verhalten der beiden ein riesengroßer Unterschied: Die eine tat es, weil sie geben wollte, die andere tat es, weil sie nehmen wollte. Die eine quälte sich schon währenddessen und wurde dadurch noch unglücklicher, die andere war schon währenddessen glücklich und wurde dadurch am Ende noch glücklicher.
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